Nachhaltig beeindruckendes Jugendbuch über Menschen, die ins soziale Abseits rutschen. Es ist nur ein kleiner Schritt ins gesellschaftliche Aus: Innerhalb weniger Monate erfährt das unbeschwerte Leben des beliebten Highschoolschülers Dan eine radikale Wende, der gefeierte Baseballstar glaubt in einem schlechten Film gelandet zu sein. Seine Eltern verlieren ihre Jobs, das Haus kann nicht länger gehalten werden. Die autonom verwaltete Zeltstadt Dignityville für die sozial gestrandeten Obdachlosen von Average wird schließlich ihre Zufluchtstätte. "Es ist verdammt schwer, seinen Prinzipien treu zu bleiben, wenn man das Gefühl hat, dass um einen herum gerade alles zusammenbricht." Anfangs wehrt sich Dan mit Händen und Füßen gegen dieses Schicksal und versucht, den Schein der Normalität zu wahren. Während sein bester Freund Noah auch in dieser schweren Zeit zu ihm steht, wird die Beziehung zu seiner aus wohlhabenden Verhältnissen stammenden Freundin Talia immer angespannter. Seine Schulkollegin Meg, deren Bruder und Eltern ebenfalls in Dignityville leben, eröffnet ihm eine andere Sichtweise der Dinge. Ein brutaler Überfall auf Megs engagierten Bruder und zwielichtige Machenschaften treiben die rasante Handlung voran. Nach und nach lernt Dan seine große Scham und seine Ängste zu überwinden und wächst in dieser schwierigen Situation über sich selbst hinaus. Mit seinem mehrfach verfilmten und 2007 auch als Graphic novel erschienenen Weltbestseller "Die Welle" bewegte Morton Rhue (Pseudonym für Todd Strasser) in den letzten Jahrzehnten Millionen LeserInnen. In "No place, no home" greift der Autor erneut ein hochbrisantes Tabuthema auf und wirft einen ungeschönten Blick auf die amerikanische Wirklichkeit. Fast ein Drittel der Amerikaner lebt heute unterhalb oder am Rande der Armutsgrenze, die Zahl der Arbeits- und Obdachlosen ist beinahe so hoch wie zur Zeit der Großen Depression. Hunger und mangelnde medizinische Versorgung zählen noch immer zu den großen Problemen. Äußerst spannend verpackt Rhue diese Fakten in einen realistischen Jugendroman, der zu mehr Zivilcourage aufruft, Missstände aufzeigt, aber auch die positive Auswirkung von Krisensituationen und die Besinnung auf die wichtigen Werte im Leben anspricht. Das dichte Geschehen mit lebendigen Dialogen und glaubhaften Charakteren wird aus Dans Blickwinkel retrospektiv erzählt. Immer wieder lässt Rhue seinen Protagonisten kurze Passagen aus John Steinbecks weltberühmten Klassiker "Früchte des Zorns" zitieren und verdeutlicht so die Parallelen zwischen der Gegenwart und den von der Weltwirtschaftskrise geprägten 1920er Jahren. Große Anerkennung verdienen die seriöse Sachrecherche sowie die solide Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Katarina Ganslandt. Der facettenreiche Pageturner vertreibt jede Langeweile und ist bestens für Literaturkreise sowie als Schullektüre geeignet.
Freigegeben ab 12 Jahren.
Personen: Ganslandt, Katarina Rhue, Morton
DR.JD Rhu
Rhue, Morton:
No place, no home / Morton Rhue. Aus dem amerikan. Engl. von Katarina Ganslandt. - Ravensburg : Ravensburger Buchverl., 2013. - 284 S.
ISBN 978-3-473-40100-0 EUR 15,50
DR.JD - Belle-Buch