Überaus raffiniert erzählte Geschichte einer Ehe, eng verknüpft mit gesellschaftlichen Umbrüchen und historischen Ereignissen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. (DR) Jules und Alice, Mitte 80 und seit mehr als 60 Jahren ein Paar, zwei erwachsene Kinder, gut situiert, früher als Architekt bzw. freie Journalistin tätig und beide politisch engagiert, ein Haus an der französischen Küste – die Bilanz eines geglückten Lebens. Wie bei einem Puzzle erschließen sich bei der Lektüre die Facetten einer langjährigen Beziehung mit vielen Höhen und noch mehr Tiefen, inklusive breitem Gefühlsspektrum von Sehnsucht und Begehren über Enttäuschung und Resignation bis zu Abneigung, Wut und Hass , aber nicht in einer linearen Entwicklung, sondern parallel, durcheinander, wiederholt aufflackernd, in wilder oder auch abgeschwächter Form. Denn wie viele andere Paare auch haben sich Jules und Alice durch die Herausforderungen des zermürbenden Alltags voneinander entfremdet: Jules sucht Bestätigung und Adrenalin in häufigen Seitensprüngen, bis er ahnt, dass seine Frau möglicherweise eine ernsthafte Beziehung haben und ihn verlassen könnte. Alice ist tatsächlich auf dem Sprung, zu gehen, als Jules wieder beginnt, mit ihr zu reden und sie als geliebte Frau zu sehen, nicht nur als funktionierende Organisatorin von Familie, Haushalt und Co. Von bleibendem Wert erweist sich der Brief, den Jules unmittelbar nach ihrer ersten Begegnung an Alice geschrieben hat. Ein bedeutendes Symbol ganz anderer Art ist eine Art-déco-Lampe. Und am Ende des Romans folgt der Beginn (beinahe wortwörtlich) im Pariser Jardin du Luxembourg, wo sich Jules und Alice kennengelernt und viel Zeit als Liebespaar und als junge Familie verbracht haben . Wie die Autorin auf rund 170 Seiten ein ganzes Beziehungsleben vor zeitgeschichtlichem Hintergrund darstellt, sucht seinesgleichen.

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Personen: Abécassis, Éliette Gleinig, Kirsten

Interessenkreis: Liebe